Um zentrale Zusammenhänge zwischen Leistung auf dem Platz und im Netz erklären zu können, brauchten wir einheitliche Referenzwerte. Dabei ist quasi nebenbei ein eigener Marktwert entstanden, der zudem in Tendenzen den sportlichen Erfolg von Teams vorhersagen kann.
Was ist der Marktwert eines Spielers?
Es gibt im Profisport verschiedene Modelle, wie Spieler transferiert werden. Der in den USA verbreitete Draft (z.B. bei American Football oder Basketball) etwa ermöglicht es Vereinen anhand ihrer Leistung im Vorjahr, der umgekehrten Reihenfolge nach Nachwuchsspieler zu rekrutieren. Soll heißen: Wer am schlechtesten spielt, kann sich als erstes und damit als bestes verstärken, wer den Super Bowl gewinnt, kommt als letztes an die Reihe. Jeder Draft wird in Runden ausgetragen. First Round Drafts, also Nachwuchsspieler, die in der ersten Runde von einem Verein rekrutiert werden, wecken entsprechend hohe Erwartungen.
Das Draft-Konzept gilt als sehr fair, ist aber nicht ohne weiteres übertragbar, denn: Für den US-amerikanischen Sport spielt das College eine große Rolle, vielversprechende Talente sind in der Regel mit leistungsabhängigen Stipendien ausgestattet und unabhängig von Profi-Mannschaften. So wird einmal im Jahr ein neuer Jahrgang dem Markt verfügbar gemacht.
Im europäischen Fußball spielt die Schullaufbahn keine Rolle, die Spieler durchlaufen Jugendmannschaften und werden im Verein ausgebildet, nach Möglichkeit früh mit dem Spielsystem der Profis vertraut gemacht und stehen so zunächst exklusiv dem ausbildenden Verein zur Verfügung.
Der Transfermarkt im Profifußball ist somit ein Markt mit Angebot und Nachfrage, ohne spürbar regulierende Mechanismen. Der Marktwert eines Spielers ist folglich der Preispunkt, welcher der sportlichen Leistung und des Potenzials, heutzutage auch vermehrt des Vermarktungspotenzials, gerecht wird. Und an dem andere Vereine bereit sind, den Spieler zu kaufen.
Wie wird der Marktwert bisher bestimmt?
Der Marktwert ist grundsätzlich konstruiert und immer eine Schätzung, denn unzählige Aspekte könnten hier Berücksichtigung finden. Im Idealfall ist er aber eine sehr gute Schätzung.
Eine enge Auslegung könnte sein, die tatsächliche Ablösesumme als einziges Kriterium zu nehmen, dann würde man allerdings Marktmechanismen wie etwa eine Überhitzung durch gleichzeitig geöffnete Transferfenster, hohe Nachfrage nach knappen Spielertypen oder gesenkte Preise bei nur noch kurzer Restvertragslaufzeit unberücksichtigt lassen.
Neben veröffentlichten Ablösesummen gibt es einen Quasi-Standard für Marktwertschätzungen: Das Portal Transfermarkt.de. Es ist ein sportjournalistisches Angebot und ein Statistikportal und gehört inzwischen zum Axel-Springer-Konzern. Berichten Zeitungen über Wechselgerüchte, so wird bei Marktwertnennung fast ausschließlich auf die Zahlen von Transfermarkt.de verwiesen.
Das ist ein Problem: Der Leser wird in der Regel nicht darüber aufgeklärt, dass es sich erstens lediglich um Schätzungen handelt und zweitens, wie diese Schätzungen zustande kommen. Hierfür ist nämlich die Community des Portals zuständig. Jeder Spieler hat einen Forums-Thread, die so genannte Marktwertdiskussion. Dort führen einige Fans des Vereins, dem der Spieler angehört sowie ein paar besonders aktive Community-Mitglieder kontroverse Diskussionen und nennen Hausnummern, bezichtigen sich gegenseitig der “Fanbrille” oder des “Hatens”. Zweimal im Jahr wählen Redaktionsmitglieder dann einen Wert innerhalb des Korridors der Diskussionsbeiträge. An dieser intersubjektiven Methode zur Marktwertermittlung ist erst einmal nicht viel auszusetzen, außer dass die so ermittelten Werte kommuniziert werden, ohne prominent auf die Methode hinzuweisen.
Wie wir einen neuen Marktwert bestimmen wollten
Dadurch, dass die Marktwertmethode von Transfermarkt.de zumindest für unser Projekt ungeeignet ist, skizzierten wir die Bedingungen, die ein Marktwertkonstrukt für uns erfüllen muss.
- Er sollte möglichst viele Dimensionen abbilden, die für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Spielern eine Rolle spielen.
- Er sollte granulare Entwicklungen abbilden und jederzeit automatisch von uns berechnet werden können, nicht in einem Kraftakt zweimal im Jahr. Damit können Leistungs- und Erfolgssprünge von Spielern viel besser abgebildet werden.
- Er sollte Erklärungen für Entscheidungen liefern, die bislang kaum quantitativ auszulesen sind.
Der Marktwert von Transfermarkt.de berücksichtigt, was seine Community intuitiv für wichtig hält. Das sind vor allem Leistung, potenzielle Leistung und Alter, jedoch nicht aufgeschlüsselt nach Gewichtung. Der Paarvergleich zu Spielern mit ähnlichen Kennzahlen und deren Ablösen liefert dann die Grundlage der in den Raum gestellten Summe.
Wir wollten möglichst viele weitere relevante Kriterien identifizieren, auslesbare Datenquellen finden, ihre Auswirkung aufeinander statistisch untersuchen und gruppiert zu Marktwertbestandteilen zusammenfügen.
Wie wir einen neuen Marktwert gebildet haben
Das Resultat unserer explorativen Analyse möglicher Datenpunkte für die Berechnung war ein aus drei Faktoren bestehender Gesamtmarktwert. Die Faktoren des Instaball-Marktwertes sind der Sportliche Wert, der Vermarktungswert sowie der Soziale Wert.
Während der sportliche Wert durch Leistungsdaten relativ gut quantifizierbar ist (wobei Aktionen am Ball deutlich besser dokumentiert sind als etwa gutes Stellungsspiel), wird der Vermarktungswert bislang eher intuitiv bestimmt und im Gesamtwert miteinbezogen. Wem die Fans unterstellen, durch Trikotverkäufe den Umsatz anzukurbeln, dem verzeihen sie die Ablösesumme eher. Der soziale Wert ist besonders diffus: Er ist bislang am ehesten mit Begriffen wie Integrationsfigur zu assoziieren, aber wie quantifiziert man eine Integrationsfigur?
Datenpunkte des sportlichen Werts
Für den sportlichen Wert haben wir die auf den Daten des Statistikdiensts Opta berechneten durchschnittlichen Leistungspunkte des Managerspiels Kickbase, das Punktrating und potenzielle Punktrating des Spiels FIFA, den Prozentsatz der auf dem Platz verbrachten Spielminuten, den Prozentsatz der Zeit auf der Bank sowie die Dauer etwaiger Verletzungen und das Alter einbezogen und die Gewichtungen berechnet. In der Zukunft sollen die durch Sportjournalisten nach jedem Spiel vergebenen Spieltagsnoten des Kicker Sportmagazins noch in die Berechnung mit einfließen, da hier von Journalisten auch ballunabhängige Aktionen bewertet werden.
Datenpunkte des Vermarktungswerts
Für den Vermarktungswert ziehen wir die Follower auf Instagram, die dortigen Interaktionsraten (wie Likes/Follower und Comments/Follower), Eigenschaften wie Kapitän, Spielminuten und Tore sowie teambezogene Variablen wie die Mannschaftsstärke (Team SPI nach FiveThirtyEight), Einschaltquoten des Teams auf Sky und die Fernsehgeldtabelle der DFL zurate.
Datenpunkte des Sozialen Werts
Der Soziale Wert setzt sich aus dem Alter, den Tagen im Team, den teaminternen mutuellen Eigenvektorzentralität, Spielminuten und Mannschaftsratszugehörigkeit zusammen.
Gesamtmarktwert
Die obene genannten Marktwertfaktoren bilden jeweils einen Punktwert. Die Punktwerte werden nach der Methode des gewichteten arithmetischen Mittels zu einem Gesamtmarktwert zusammengesetzt. Auch hier basiert die Gewichtung auf unserer Einschätzung der Bedeutung der einzelnen Faktoren für den Kauf eines Spielers und die dabei zu zahlenden Ablösesumme. Als wichtigsten Indikator betrachten wir den sportlichen Wert eines Spielers. Die Vermarktungsfähigkeit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Der soziale Wert hingegen treibt die Ablösesumme ein wenig in die Höhe, ist aber vor allem für den abgebenden Verein ein Argument diesen Spieler nicht zu verkaufen.
Verteilung des Instaball-Marktwertes
Wie bereits beschrieben stimmen die Ergebnisse der Instaball-Marktwertberechnung mit der Intuition der Autoren relativ gut überein. Die nach Betrachtung des Gesamtwerts wertvollsten Spieler der Bundesliga sind mit Marco Reus, Robert Lewandowski und Joshua Kimmich keine unbekannten und keine Überraschung. Gleiches gilt für den sportlichen Wert, hier finden sich Spieler, die diese Saison maßgeblich geprägt haben. Mit Robert Lewandowski, Marco Reus und Joshua Kimmich führen drei sehr bekannte Gesichter den Vermarktungswert an. Thorgan Hazard ist diese Saison sehr stark in Erscheinung getreten, aber bisher nicht unbedingt als Marketing-Zugpferd bekannt. Die erste größere Überraschung in der Tabelle ist der hohe Vermarktungswert von Filip Kostic, der sich aus den Daten ergibt. Kostic spielte eine ausgesprochen solide Saison, ist aber auf den sozialen Netzwerken nicht sonderlich aktiv und hat eine recht durchschnittliche Anzahl Follower für einen Nationalspieler. In der Kategorie sozialer Wert finden sich vornehmlich sehr erfahrene Spieler, die bereits sehr lange im Verein sind und dort eine Führungsrolle einnehmen. Aber auch Spieler die nicht unbedingt regelmäßig spielen, wie Fabian Lustenberger oder der mittlerweile nur noch zweite Torwart von Schalke 04 – Ralf Fährmann.